Seit unserem letzten Artikel zum Bau eines SALAD-Trainers (suction assisted laryngoscopy airway decontamination) ist einige Zeit vergangen, und es ist gefühlt ein wenig wie bei Dieselmotoren im Zeitalter von Klimawandel und Mobilitätsdebatte: Wir stellen um! Und zwar radikal, von Elektro- zurück zum Handbetrieb. Und dafür gibt es einige gute Gründe:
- Keine Elektrik mehr in der Nähe von (viel!) Flüssigkeit
- Weniger Verschleiß von Bauteilen und ggf. Akkus
- Kein Umfüllen mehr von künstlichem Sekret
- Weniger Gewicht und kleine Packmaße
Vor allen Dingen der letzte Punkt (abgesehen davon, die Gefahr eines Stromschlags endlich abgewendet zu haben) macht die größte Freude: Der SALAD-Trainer passt nun auch ins Handgepäck und kann easy zum Dienst in Klinik oder Rettungswache zur in-situ-Simulation mitgenommen werden. Auch Bahnfahrten (yeah, klimaneutral!) zu weiter entfernten Einsatzorten sind mit dem neuen Set-Up machbar.
Nach dem großen Interesse bei Trainings und Konferenzen in letzter Zeit und nach einem Treffen mit dem Erfinder Jim bei SMACC Sydney, wollen wir euch im Folgenden die Bauanleitung zum “Perpetuum SALAD” zugänglich machen und zum munteren Nachbauen animieren. Auch wenn die Definition nicht ganz erfüllt ist - Perpetuum deswegen, weil in dieser Variante Absaugen und Abpumpen in den gleichen Behälter vorgesehen ist. Durch dieses Kreissystem muss nicht mehr vom Absaugbehälter in einen Kanister mit künstlichem Sekret umgefüllt werden, und man kann mit etwas mehr als einem halben Liter davon tagelang simulieren.
Nach unserem gemeinsamen Video haben die Kollegen von nerdfallmedizin.blog schon mal einen Kurzanleitung als Teaser veröffentlicht, nun folgt hier die ausführliche Bauanleitung für alle, die es ganz genau wissen wollen. Ganz unten haben wir noch ein wenig SALAD-Content eingebaut.
Ihr benötigt:
- Einen Intubationskopf, dessen Mund-/Rachenraum dicht ist, vorher unbedingt mit Wasser ausprobieren!
- (z.B. VBM Bob, Nasco Airway Larry, Laerdal Airway Management Trainer)
- Eine Handpumpe mit ausreichend Fördervolumen (aus dem KFZ- oder Gastrobereich)
- Einen großvolumigen Absaugbehälter (wir nutzen Bemis Hi-Flow 1200cc)
- 1 - 2 m flexiblen Schlauch (10 - 12 mm ID, passend zur Pumpe)
- Steckbare Anschlüsse aus dem Gärtnereibedarf (siehe unten)
- Lochsägenaufsatz für Akkubohrer (25mm ø)
- selbstverschweißendes Silikonband
- optional Abdichtmasse
Das wars auch schon. Wenn wir den Airway-Kopf nicht berücksichtigen, kommen wir unterm Strich auf rund 50 bis maximal 70 Euro für den Modifikationssatz, was auf dem Markt medizinischer Simulationsgeräte echte Peanuts sind.
Alles da? Dann ran an die Werkbank:
Als erstes markiert ihr in der Verschlusskappe eures Absaugkanisters die ungefähre Mitte.
Dann bohrt ihr mithilfe des Lochsägenaufsatzes eine genau passende Öffnung in die eben gezeigte Verschlusskappe. Achtung, wenn ihr eine andere Pumpe als die hier abgebildete nutzen wollt, können 25 mm Durchmesser schon zu groß sein.
Nun könnt ihr den Schaft der Pumpe (oder den Ansaugschlauch, je nach Modell) durch die Verschlusskappe bis kurz vor den Boden des Absaugkanisters vorschieben.
Jetzt folgt der entscheidende Part, der ein wenig Fingerspitzengefühl erfordert: Ihr könnt hier optional Dichtmasse oder Klebstoff zwischen Kappe und Pumpe einbringen (Materialeigenschaften und Trockenzeiten beachten!). Nun verbindet ihr die beiden Teile unter kontinuierlichem Zug mit dem Silikontape. So erhaltet ihr auch ohne Kleben einen ausreichenden Anpressdruck, Stabilität und Dichtigkeit. Beim hier gezeigten Modell ergibt es Sinn, das Gewinde nicht mit anzutapen, damit die Pumpe aufgeschraubt und von innen gereinigt werden kann.
Als nächstes verbindet ihr den Schlauch mit der Pumpe (der Durchmesser des Schlauches sollte natürlich für die Pumpe passen, also aufpassen beim Einkauf). Manchmal hilft es, das einzuführende Ende anzuwärmen oder mit einem Cutter anzuschrägen. Dann optional wieder mit Dichtmasse verkleben.
Danach verbindet ihr beide Bauteile wieder unter Zug mit dem Silikonband. An das andere Schlauchende lässt sich ganz einfach der (Gardena-) Anschluss anschrauben.
Jetzt müsst ihr nur noch den Anschlussstutzen passend zu eurem Airwaysimulator auswählen, in den Ösophagus stecken und dort ggf. mit einer Schlauchklemme befestigen.
Die Lungen solltet ihr entfernen und die Hauptbronchien abklemmen - oder ihr lasst sie dran und trocknet sie nach jedem Einsatz gründlichst - ansonsten schimmelts.
Dagegen hilft auch die Zusammensetzung des künstlichen Sekrets. Eurer Kreativität sind keine Grenzen gesetzt, unser Favorit ist aktuell hochwertiges Kunstblut mit Clotfunktion. Günstig und sicher fahrt ihr mit folgendem Rezept:
- Wasser und alkoholbasierten Scheibenreiniger zu gleichen Teilen
- Lebensmittelfarbe
- Verdickungsmittel je nach gewünschter Viskosität (z.B. Xanthan)
(wenn der Scheibenreiniger sehr schäumt, können 1 - 2 TL Sab simplex Abhilfe schaffen)
Zu guter Letzt müsst ihr nur noch eure Absaugung mit dem Absaugkanister verbinden und die Handpumpe an den Airwaykopf anschließen - voilá, nun entnehmt ihr Sekret aus dem Behälter, in den ihr auch absaugt:
Ihr seid gerade mittendrin, aber das Silikon muss trocknen? Dann werft doch noch einen Blick in den nächsten Absatz!
Random SALAD Content
Die unermüdlichen SALAD-Compagnons Simon (@simon13althaus) & Jan (@boulder_now) haben bei WAMM19 in Amsterdam zu Gast, und haben dort ein ausführliches Lehrvideo aufgenommen:
Nebenbei hat Jan noch eine kleine Umfrage unter Teilnehmern durchgeführt, und die Ergebnisse inklusive Bauanleitung auf ein Poster gepackt:
Warum eigentlich SALAD? Dazu wollen wir euch den Vortrag von der TBS19-Konferenz in Zermatt nicht vorenthalten:
Wie immer gilt: Der Einzelfall entscheidet. Der Artikel erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Richtigkeit und die genannten Empfehlungen sind ohne Gewähr. Die Verantwortung liegt bei den Behandelnden. Der Text stellt die Position des Autors dar und nicht unbedingt die etablierte Meinung und/oder Meinung von dasFOAM.