The Big Sick 2020 - Tag 1 in Zermatt

Grüzi sagt dasFOAM zum dritten Mal aus Zermatt, nach unserer Teilnahme an The Big Sick 2018 und 2019 sind wir dieses Jahr mit einem fünfköpfigen Team vor Ort und möchten Euch eine kurze und prägnante Zusammenfassung bieten. Dabei sind @ahueb @thejuwo @sarpara @felixlorang @lucauenlue

The Big Sick“ ist eine kleine, familiäre Konferenz mit dem Fokus auf die ersten Stunden der präklinischen und klinischen Versorgung von schwerstkranken und schwerstverletzten Patient*innen. Über die drei Tage der Konferenz werden verschiedenste Thematiken behandelt, die die Versorgung von “big sick” Patient*innen betrifft, unter anderem zu Atemwegsmanagement, Teamwork oder Flüssigkeitsphysiologie.

Wer sich einen genaueren Überblick verschaffen will, findet bei unseren Skandinavischen Kolleg*innen von scanFOAM die Videos von den Vorträgen.

Tag 1 - der Vormittag

Der erste Tag stand ganz unter der Prämisse Intensivmedizin. Rob Mac Sweeney, Intensivmediziner aus Belfast und Gründer von Critical Care Reviews startete den Tag. Er wollte uns einmal mehr die Augen öffnen: viele unserer täglichen Handlungen sind momentan nicht oder nur mit schlechter Evidenz belegbar, ein Beispiel dafür ist die “Surviving Sepsis Campaign” mit Empfehlung von 30ml/Kg/h Volumengabe.

Thomas Woodcock war der erste britische Intensivmediziner und beschäftigt sich seitdem er 2015 in Rente gegangen ist besonders mit Flüssigkeitsphysiologie. Neben einem Buch, welches er gerade zu dem Thema veröffentlicht hat, betreibt er auch die Webseite fluidphysiology.org.

Die Vorstellung, dass Kapillaren interstitielles Volumen wieder aufnehmen, ist falsch, sagt Woodcock. Es gebe dafür keinerlei Beweise. Tatsächlich wird nur ein kleiner Teil des Volumens kappilär zurücktransportiert, der Rest erfolgt durch Lymphe. Um eine Ödembildung zu vermindern muss man den Kapillarendruck vermindern bevor man mit einer Volumentheraphie mit Kristaloiden beginnt (Anmerkung: Vollelektrolytlösung!). Dies kann man mit der niedrig dosierten Gabe von Vasopressoren vor dem Start der Volumensubstitution erreichen.

Mikael Gellerfors ist medizinischer Leiter des Rettungshubschraubers Dalarna Schweden sowie wissenschaftlicher Leiter der Swedish Air Ambulance und des NEF Stockholm. Zeitkritische Patient*innen werden in den wenigsten Fällen durch eine Rapid Sequence Induction (RSI) allein gerettet. Ziel ist es die Person so schnell wie möglich einer definitiven Versorgung zukommen zu lassen und alles zu tun, den akut erkrankten Menschen so gut wie möglich in Homöostase zu halten.

Es geht also laut Mikael darum, die Patient*innen so schnell wie möglich in einen transportfähigen Zustand zu bekommen. Sobald es im im Meldebild Informationen gibt, die ihn davon ausgehen lassen, dass die/der Patient*in potenziell von einer RSI profitieren könnte, werden bereits auf Verdacht die Medikamente während des Anflugs vorbereitet. Ebenfalls wird die Strategie für die RSI besprochen.

In bestimmten Fällen führt die Swedish Air Ambulance auch in der Kabine eine RSI durch. Hierfür wurde ein “In-Cabin Intubation” Protokoll entwickelt, die passende Studie dazu gibt es hier.

Mikael berichtet von einem Kind, welches ein SHT bei einem Skiunfall mit initialen GCS von 8 erlitten hat. Bereits auf dem Anflug ziehen sie im Helikopter die RSI Medikamente auf, und laden das Kind kurz nach der Landung in den Helikopter ein. Die RSI wird in der Kabine durchgeführt und nach unter 10 Minuten am Einsatzort kann das Team in Richtung Maximalversorger aufbrechen.

Tag 1 - der Nachmittag

Der Nachmittag widmete sich einem der Klassiker jeder The Big Sick Konferenz, dem Atemwegsmanagement. Wie in den letzten beiden Jahren zuvor ging es nach der Nachmittagssession die Treppen hoch in die Hotelbar, wo bis in die späte Nacht Atemwege gemanagt und bei dem einen oder anderen Drink gelacht und gescherzt worden ist.

Die Nachmittagssession wurde von dem Dänisch-Singapurianischen Atemwegsmanagement Team von airwaymanagement.dk geleitet.

Eigentlich ist es ja ganz simpel, es gibt sieben Wege Sauerstoff in einen Menschen hinein und CO2 raus zu bekommen. Wir müssen nur den richtigen Weg wählen.

Wer Aufmerksam dasFOAM liest, kennt natürlich schon die Begriffe Delayed Sequence Induction (DSI), HOp Killers oder die Apnoeische Oxygenierung 😉 Wer nicht kann sich die Zusammenfassung vom ersten Tag von TBS 2019 durchlesen, hier war das bereits Thema.

Ein paar neue Sachen gab es trotzdem:

Wer kennt es nicht, da braucht man mal einen Supraglottischen Atemweg und dann hat man den mal wieder beim Checken auf der Wache vergessen… Tja was nun? Keine Sorge!

Das Dänisch-Singapurianische Atemwegsmanagement Kollektiv hat da einen TTIP - Tube Tip In Pharynx:

Der Endotrachealtubus wird in den Pharynx eingeführt und geblockt. Nun müssen Mund und Nase mit der Hand verschlossen werden, gleichzeitig ähnlich wie bei der Beutel-Masken-Beatmung ein Head Tilt Chin Lift durchgeführt werden. Mit etwas Glück kann der Patient nun hoffentlich ventiliert werden. Das Original Paper dazu findet ihr hier.

Wir wären hier nicht bei dasFOAM wenn jetzt nicht was mit Sono kommen würde. Unser Felix Lorang (@felixlorang) hat bereits beim Sono Workshop über Thoraxsonographie referiert und natürlich auch die Identifikation vom Ligamentum Cricothyroideum gezeigt.

Die Atemwegsnerds aus Dänemark und Singapur benutzen die Technik nicht nur für eine (Vorbereitung zur) Koniotomie, sondern auch um eine Retrograde Intubation durchzuführen.

Besonders bei wachen und kooperativen Patient*innen mit einer massiven Nachblutung post Tonsillektomie ist es eine Möglichkeit mit einem G18 IV Zugang das Lig. cricothyroideum zu punktieren und hierdurch einen Epidural Katheter nach kranial einzuführen. Dieser muss nun im Pharynx gesucht werden und anschließend kann ein gut mit Gleitmittel beschmierter Endotrachealtubus in die Trachea gezogen werden. Wie das in echt aussehen würde, könnt ihr in diesem Video sehen.

Zusätzlich zu den gezeigten Methoden im Algorithmus für Blutungen im oberen Atemweg, kann natürlich auch die SALAD Technik versucht werden.

Wie immer gilt: Der Einzelfall entscheidet. Der Artikel erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Richtigkeit und die genannten Empfehlungen sind ohne Gewähr. Die Verantwortung liegt bei den Behandelnden. Der Text stellt die Position des Autors dar und nicht unbedingt die etablierte Meinung und/oder Meinung von dasFOAM.
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