Silence

Du willst helfen COVID zu beenden? Dann sei bitte still!

Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.

Corona bestimmt zur Zeit den Großteil unseres Alltags, insbesondere bei allen in medizinischen Bereichen tätigen Menschen. Corona ist sozusagen in aller Munde. Zum guten Glück hat man seine Twitter-Bubble und dabei bin ich über diesen schon fast philosphisch anmuteten Post in diesen hektischen Zeiten von dem von mir sehr geschätzten Josh Farkas von PulmCrit gestoßen, den ich euch gerne, wie immer als freie Übersetzung, näher bringen möchte; natürlich mit freundlicher Genehmigung des Autors:

Mit Ankündigung von mehreren Impfungen nähern wir uns hoffentlich einem Ende der COVID Pandemie. Leider werden die Impfungen nicht in der Lage sein uns diesen Winter aus der Klemme zu helfen, auch werden ausgefallene Medikamente dies nicht leisten können. Die hauptsächlich notwendigen Interventionen, die uns Sicherheit verschaffen können, sind allgemeine öffentliche Gesundheitsmaßnahmen wie Masken tragen und Abstandsregeln.

Allerdings gibt es wohl noch eine weitere, wirklich einfache Maßnahme, die uns helfen kann, die Coronaübertragungen zu reduzieren – leise sein. Hierbei handelt es sich um ein etwas sensibleres Thema, weil wir alle reden. Und manchmal reden wir alle zu laut, aber da sich die Krankenhäuser füllen, ist es vielleicht an der Zeit über das Reden zu sprechen.

Die menschliche Körper ist einem Blasinstrument vergleichbar, welches Aerosole erzeugt. Indem ausgeatmete Luft an den vibrierenden Stimmlippen vorbei rauscht werden kleine Partikel produziert. Sobald sich diese Luft weiter zur Zunge, den Zähnen und den Lippen weiterbewegt, werden die Töne der Stimmlippen verändert, was weitere Partikel hervorbringt (1). Die Erzeugung von Aerosolen wird durch lauteres Sprechen oder höhere Tonlagen verstärkt (2, 3). Wissenschaftler konnten bestimmte Töne herausfiltern, die mehr Partikel produzieren als andere (4).

Aerosole zu erforschen ist eine Herausforderung, da nur ein Surrogatparameter untersucht wird und hiermit versucht wird Rückschlüsse auf die Wahrscheinlichkeit einer Krankheitsübertragung zu ziehen. Die Partikel unterschiedlicher Göße mögen mehr oder weniger gefährlich sein, manche fallen rasch zu Boden, andere verbleiben über Stunden in der Luft. Nichtsdestoweniger erscheint es logisch, dass lautes Sprechen oder Singen mehr Aerosole erzeugt als Atmen oder leises Sprechen (5). Es ist auch nicht schwierig die Gefahr solcher Partikel abzuleiten. So konnte z.B. beobachtet werden, dass Singen innerhalb eines Raumes zu einem sog. Super-Spreader-Event werden kann:

Das Tragen einer Maske kann die Aerosolverbreitung reduzieren, somit handelt es sich hierbei um eine unverzichtbare Maßnahme die weitere Verbreitung von COVID einzuschränken. Allerdings sind Masken nicht zu 100% perfekt. Je nach Maske kann hierdurch die Partikelbildung/-verteilung um den Faktor 5 reduziert werden (6). Ein chirurgischer Mund-Nase-Schutz scheint effektiver zu sein als eine handgearbeitete Alltagsmaske (7). Die Kombination aus Maske und Schweigen scheint die Aerosolbildung/-verbreitung besser zu reduzieren als jede Maßnahme für sich alleine genommen.

Weder gibt es eine robuste, auf einer RCT aufbauenden Evidenz, dass Schweigen die Verbreitung von COVID reduzieren kann, noch wird es jemals eine geben (einige Dinge sind einfach zu komplex, um sie mittels einer RCT untersuchen zu können). Allerdings ergibt die Idee leise zu sein Sinn und außerdem ist es wirklich einfach und sicher. Eigentlich sind hierfür überhaupt keine Kosten oder Risiko zu berücksichtigen.

Die wichtigsten Maßnahmen um Aerosolverbreitung zu verhindern sind Abstandhalten, Maske tragen und effektives Lüften. Dennoch ist es nicht immer möglich mehr als 1,5 Meter von anderen fern zu bleiben. In Situation, in denen alle drei Maßnahmen nicht umgesetzt werden können, kann „Leise sein“ ein bißchen mehr Sicherheit hinzufügen.

In diesem Sinne: Wer nichts Wichtiges zu sagen habe, der möge bitte schweigen.

Titelbild: Foto von Kristina Flour on Unsplash

Literatur

(1) Bax A, Bax C, Stadnytskyi V, Anfinrud P. SARS-CoV-2 transmission via speech-generated respiratory droplets. Lancet Infect Dis. Published online September 11, 2020. doi:10.1016/S1473-3099(20)30726-X
(2) Asadi S, Wexler A, Cappa C, Barreda S, Bouvier N, Ristenpart W. Aerosol emission and superemission during human speech increase with voice loudness. Sci Rep. 2019;9(1):2348. doi:10.1038/s41598-019-38808-z
(3) Echternach M, Gantner S, Peters G, et al. Impulse Dispersion of Aerosols During Singing and Speaking: A Potential COVID-19 Transmission Pathway. Am J Respir Crit Care Med. Published online October 16, 2020. doi:10.1164/rccm.202009-3438LE
(4) Anfinrud P, Stadnytskyi V, Bax C, Bax A. Visualizing Speech-Generated Oral Fluid Droplets with Laser Light Scattering. N Engl J Med. 2020;382(21):2061-2063. doi:10.1056/NEJMc2007800
(5) Bahl P, de S, Bhattacharjee S, et al. Droplets and Aerosols generated by singing and the risk of COVID-19 for choirs. Clin Infect Dis. Published online September 18, 2020. doi:10.1093/cid/ciaa1241
(6) Alsved M, Matamis A, Bohlin R, et al. Exhaled respiratory particles during singing and talking. Aerosol Science and Technology. Published online September 17, 2020:1245-1248. doi:10.1080/02786826.2020.1812502
(7) Asadi S, Cappa C, Barreda S, Wexler A, Bouvier N, Ristenpart W. Efficacy of masks and face coverings in controlling outward aerosol particle emission from expiratory activities. Sci Rep. 2020;10(1):15665. doi:10.1038/s41598-020-72798-7
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