Es ist Freitag Mittag und natürlich kommen wieder zahlreiche Einweisungen von verschiedenen Haus- und Fachärzten in die Notaufnahme, die man übers Wochenende nicht zuhause lassen kann. Könnte man sich natürlich ärgern.
Macht vermutlich auch der eine oder andere. Aber mal im Ernst, das ist doch genau unser Job: nämlich dann aktiv zu werden, wenn unsere niedergelassenen Kollegen nicht weiter kommen bzw. deren Mittel nicht ausreichen. Wir können (und sollten) es nicht ändern und schon gar nicht uns drüber ärgern. Macht die Arbeit entspannter und ab und an daran zu denken, wie die Lebenswirklichkeiten unserer niedergelassenen Kollegen aus sehen, hilft weiter.
Zurück zur Patientin: Sie ist im Haus bestens bekannt, da sie schon seit langem mehrere Grunderkrankungen hat, die eine regelmäßige stationäre Betreuung im Haus der Maximalversorgung nötig machen. Darunter sind auch seit Jahren unspezifische Schwindel-Episoden, die bisher nicht zu zu ordnen waren.
Bei persistierenden Beschwerden und bekannter Arrhythmie-Neigung mit Herzstolpern wurde dann ein erneutes Langzeit-EKG durchgeführt.
Mit Auswertung wurde die Patientin angerufen, sie müsse sofort in die Notaufnahme fahren, das Langzeit-EKG hätte Dinge gezeigt, die unbedingt und sofort behandelt werden müssten. Was es so genau war, wusste die Patientin nicht. Aber sie hat einen Ausdruck des Langzeit-EKGs mit Einweisung in die Hand gedrückt bekommen: V.a. nVT.
Was machen wir? Genau, wir schauen uns den Befund des EKGs an. (Es laufen immer
2 Ableitungen simultan übereinander, es sind also 4 Zeilen a 2 Ableitungen abgebildet)
Hilfe, R-auf-T, und dann geht es rund…. zum Glück aber selbstlimitierend und so ungefähr 12-15 Sekunden.
Gut. So weit, so gut, was machen wir jetzt damit?
- ICD?
- Betablocker?
- Amiodaron?
- Magnesium?
- Watchful waiting?
- Expertenrat einholen?
Gerade letzter Punkt ist nie schlecht, und der Experte, der sich beschwert, dass er dazu gezogen wird, ist vermutlich eh keiner….
Wir schauen uns das EKG noch mal genauer an:
Und jetzt sehen wir: Eigentlich keine VT sondern Artefakte. Die QRS-Komplexe verstecken sich in der “VT”. Auf genauere Nachfrage stellt sich raus: Da hatte die Patientin Geschirr gespült und gerade eine besonders hartnäckige Stelle in der Bratpfanne bearbeitet.
Also: Entlassung nach Hause möglich, auch wenn es das zugrunde liegende Problem der Patientin nicht gelöst hat.
Und der Hausarzt? Hättet ihr mit dem LZ-EKG eingewiesen?
Na klar! Wir haben auch erst mal die Herzenzyme bestimmt, und uns die Patientin genau angeschaut. Das wäre in keiner Praxis mehr sinnvoll möglich gewesen, noch dazu am Freitag.
Bitte beachten: https://dasfoam.org/nutzungshinweise/