Eine Narkoseeinleitung bei Notfallpatienten sollte eigentlich grundsätzlich im Rahmen einer RSI durchgeführt werden , da bei dem betreffenden Patientenklientel immer davon auszugehen ist, dass keine Nüchternheit und somit ein erhöhtes Aspirationsrisiko besteht. In der Regel wird bei diesem Vorgehen eine Beatmung zwischen Einleitung und Intubation vermieden um eine Regurgitation und darauf folgende Aspiration zu vermeiden.
Gerade im Falle einer Narkoseeinleitung bei Patienten mit einem massiven Oxygenierungsproblem kann es jedoch notwendig sein auf ein DSI Verfahren zurückzugreifen um eine vernünftige Präoxygenierung auf die Bahn zu bekommen, oder man ist zur Zwischenbeatmung gezwungen, wenn man eine Hypoxie vermeiden möchte. Dann allerdings steigt meist die Angst vor einem Aspirationsgeschehen.
Ob diese Angst vor einer Blähung des Magens mit folgender Regurgitation und Aspiration bei einer Zwischenbeatmung begründet ist, konnte nun eine Arbeit von Casey et al evtl. auflösen.
Wie wurde was untersucht….?
- Multicenter (7 Univ. ICUs), unblinded, randomisiert 1:1
- älter 18 Jahre, notwendige Intubation
- vergleich zweier Patientengruppen —> 1 = mit Zwischenbeatmung / 2 = ohne Zwischenbeatmung
- Primärer Endpunkt war die niedrigste SpO2 welche während und zwei Minuten nach der Intubation beobachtet wurde
- Sekundärer Endpunkt war das Auftreten einer schweren Hypoxämie, definiert als SpO2 Wert von 80% oder darunter
- Ausgeschlossen wurden Schwangere, Häftlinge sowie Patienten welche einer sofortigen Intubation bedurften (schwere Hypoxie, Azidose usw.) und eine Randomisierung nicht möglich war und Patienten welche ein überaus hohes Grundaspirationsrisiko mit sich brachten ( Erbrechen, Bluterbrechen usw.)
- 401 Patienten, Alter 60 im Median, ca . 60 % hatten ein hypoxisches Atemversagen und 50 % eine Sepsis oder einen septischen Schock
Eine Präoxygenierung vor Einleitung erfolgte entweder mit Beutel, BiPAP, HighFlow Device, nonrebreather-Maske; in nur 10 Fällen wurde keine Präoxygenierung vorgenommen (Gr1 = 3 / Gr2 = 7).
Ergebnisse….
- Gruppe 1 n=198 / Gruppe 2 n=202
- BVM vor erster Laryngoskopie zur Hypoxievermeidung - Gr1 198 (99,5%) / Gr2 5 (2,5%)
- BVM vor erster Laryngoskopie alle Indikationen - Gr1 198 (99,5%) / Gr2 44 (21,8%)
- Sauerstoff zwischen Einleitung und Intubation (ApOx) - Gr1 199 (100%) / Gr2 157 (77,7%)
- Zeit zwischen Einleitung und Intubation Gr1 158 sec. / Gr2 157 sec.
- Die im Median niedrigste SpO2 betrug in Gr1 96% (87 - 99) und 93% (81 - 99) in Gr2 (primärer Endpunkt)
- SpO2 =/< 80% Gr1 21 / Gr2 45
- Gruppe 1 und Gruppe 2 unterschieden sich nicht signifikant in Bezug auf Beobachtung einer Aspiration (2,5 vs 4,0 %) sowie einem neu auftretenden radiologischem Nachweis 48 h nach Intubation (16,4 vs 14,8 %)
Insgesamt gibt dies einen Hinweis, dass eine Zwischenbeatmung gerade bei Patienten mit einem schwerwiegenden Oxygenierungsproblem hilfreich sein kann die SpO2 höher zu halten und eine Hypoxie zu vermeiden ohne den Patienten direkt einem massiv hohen Aspirationsrisiko auszusetzen.
Aber…..
Man muss sich beim Betrachten dieser Arbeit und daraus hervorgehenden Zahlen auch im Klaren sein, dass im Rahmen dieser Studie ein relativ standardisiertes Vorgehen in Bezug auf die Zwischenbeatmung eingehalten wurde.
- mind 15 l/min am Beatmungsbeutel
- PEEP Ventil 5 - 10 cm/H2O
- Guedel Tubus
- Maske durch zwei Hände gehalten
- head-tilt / chin-lift
- maximal 10 Beatmungen / min
- minimalst notwendiges Tidalvolumen; gerade um ein sichtbares Heben des Thoraxes zu erzeugen
Ich persönlich war bisher nicht gerade ein Freund der Zwischenbeatmung bei RSI. Die hier erarbeiteten Ergebnisse lassen mich diese Sache etwas lockerer sehen, obwohl der Patient auf der Intensivtation, wie in dieser Studie, nicht gerade den Patienten im Rettungsdienst mit zwei Weißbier im Bauch darstellt.
Der neue Gedankengang für mich wäre…
- Narkoseeinleitung bei Patienten ohne Oxygenierungsproblem unter Anwendung von ApOx ohne Zwischenbeatmung.
- Narkoseeinleitung bei Patienten, bei welchen der Grund für die Narkose schon die bisher schlechte Oxygenierung darstellt, wenn nötig mit Zwischenbeatmung unter dringender Beachtung der oben genannten Punkte (vor allem Tidalvolumen) und wenn möglich mit einem Beutel mit 20 cm/H2O Überdruckventil ohne gleich meinen eigenen unteren Sphinktertonus, aus Angst eine Aspiration auszulösen, zu verändern.
Vor allem jedoch möchte ich nochmals darauf hinweisen, dass eine suffiziente und ausreichend lange Präoxygenierung wesentlicher Bestandteil der Narkoseeinleitung sein muss und bei einem sich dagegen wehrenden Patienten evtl. eine Einleitung nach dem DSI Konzept zu bevorzugen ist.
Handlungsempfehlung zur prähospitalen Notfallnarkose beim Erwachsenen (AWMF 001/030) S1 Leitlinie
Casey JD et al; Bag-Mask Ventilation during tracheal intubation of critical ill adults. N Engl J Med 2019; 380:811-821 DOI: 10.1056/NEJMoa1812405