COVID-19: Hygieneempfehlungen für die Präklinik

Nachfolgend werden die Empfehlungen des Center for Disease Control and Prevention (CDC) übersetzt und mit einigen Ergänzungen dargestellt. Das CDC ist eine US-Bundesbehörde und quasi das Gegenstück des Robert-Koch Instituts in der Bundesrepublik Deutschland.

Hintergrund

Rettungsfachpersonal spielt eine wichtige Rolle in der Patientenversorgung und Notfallhilfe außerhalb von Arztpraxen und Krankenhäusern. Aus hygienischer Sicht ergeben sich damit auch einige Risiken, da die Umwelt- und Hygienebedingungen weit weniger kontrolliert sind als in einem Krankenhaus. Der enge Kontakt bei der Versorgung, besonders beim Transport im Rettungswagen und die sehr limitierten Informationen zum Patienten stellen besondere Herausforderungen dar.

Die wichtigste Maßnahme im Zusammenhang mit COVID-19 ist ein guter Informationsfluss zwischen allen an der Versorgung beteiligten Institutionen und Personen. Dies fängt bei der Leitstelle an, wo schon bei der Notrufabfrage Risikofaktoren einer Infektion erhoben werden sollen. Diese Informationen müssen unbedingt an das RTW-Team weitergegeben werden, denn nur so können rechtzeitig – vor dem ersten Patientenkontakt – entsprechende Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Auch das RTW-Team muss Patienten mit entsprechendem Verdacht unbedingt in der Klinik voranmelden und sich informieren, ob es definierte Prozesse für die Übergabe gibt - beispielsweise ein Triage-Zelt vor dem Krankenhaus oder einen anderen abgegrenzten Bereich.

Falldefinition

Die Falldefinitionen sind lokal unterschiedlich und ändern sich häufig, in der Regel enthalten sie

  1. Symptome (etwa plötzliches Auftreten von Husten, Fieber oder Dyspnoe) UND
  2. passende Risikoanamnese (wie etwa die Reise in ein Risikogebiet) ODER Kontaktanamnese (zu einem bestätigten Fall oder Verdachtsfall)

Diese Falldefinitionen sind nicht einheitlich, es ist daher wichtig, sich mit der lokal gültigen Definition vertraut zu machen. Meist wird auch mittels einer Falldefinition entschieden, bei wem weitere Testung (Abstrich, PCR) durchgeführt wird.

Für Leitstellen

Das mögliche Vorliegen einer Infektion (=lokale Kriterien für einen Verdachtsfall) sollte abgefragt werden, unabhängig vom Ausgang sollte aber jedenfalls eine Standardabfrage (entsprechend dem Abfrageprotokoll) durchgeführt werden. Auch im Verdachtsfall sollte der Anrufer bei Bedarf zu lebensrettenden Sofortmaßnahmen wie zum Beispiel der Laienreanimation angeleitet werden (Anm. Die ERC Leitlinien 2015 empfehlen ohnehin bei Erwachsenen die Anleitung von Compression-only CPR - es gibt daher keinen Grund bei Verdachtsfällen KEINE Telefon-CPR anzuleiten).

Ein zweites Augenmerk neben der Abfrage liegt in der Kommunikation. Das Vorliegen eines Verdachtsfalls sollte zwischen Leitstelle und Rettungsfachpersonal und mit den Krankenhäusern kommuniziert werden. Falls lokale Protokolle einen Transport von Verdachtsfällen in bestimmte Krankenhäuser („Quarantänezentren“) vorsehen, sollte diese Information bei allen potentiell betroffenen Leitstellen aufliegen. Das RTW-Team sollte bei jedem Verdachtsfall über das vorgesehene Zielkrankenhaus informiert werden, um fehlerhafte Zufahrten zu vermeiden.

Für Rettungsfachpersonal

Vor dem ersten Patientenkontakt mit einem Verdachtsfall sollte sichergestellt werden, dass die passende persönliche Schutzausrüstung (PSA) angelegt wurde. Liegt keine Information durch die Leitstelle vor, empfiehlt das CDC, jedenfalls mindestens 2m Abstand zum Patienten zu halten und selbst das Vorliegen von Symptomen einer Atemwegsinfektion beziehungsweise die gültige Fallvignette abzufragen. Dieser Abstand reduziert das Übertragungsrisiko und gibt dem Rettungsfachpersonal noch die Möglichkeit, passende Schutzkleidung vor einem engeren Patientenkontakt anzulegen. Ein Schulungsvideo dem Vorschlag einer strukturierten Vorgangsweise findet ihr zum Beispiel hier.

Engerer Patientenkontakt sollte erst erfolgen, wenn der Patient eine Gesichtsmaske trägt. An diesem Punkt ist es wichtig, den Unterschied zwischen den verfügbaren Masken zu kennen:

  • „Chirurgische“ Gesichtsmaske – Diese Maske schützt die Umgebung des Patienten, sie verhindert die Verbreitung der Viren über Tröpfcheninfektion. Die Einatemluft wird nicht gefiltert, sie bietet also nur sehr begrenzten Schutz für den Träger.
  • FFP2/FFP3 Maske – Diese Masken filtern auch Aerosole und sehr kleine Partikel in der Einatemluft (dafür müssen sie aber sehr dicht sitzen). Sie sind damit geeignet, den Träger vor der Übertragung zu schützen. Nach aktuellem Stand (RKI Empfehlung (Stand 20.März)) sind FFP2 und FFP3 Masken in gleicher Weise als PSA geeignet.

Während des Transportes sollte nur das unbedingt notwendige Personal im Patientenraum mitfahren und den unmittelbaren Kontakt so weit wie möglich vermeiden. Aerosol-generierende Eingriffe wie Intubation oder NIV Beatmung sollten nach Möglichkeit bei offenen Türen stattfinden um die Aerosol-Konzentration in der Raumluft zu reduzieren, dabei sollte sichergestellt werden, dass sich keine ungeschützten Personen direkt neben dem Fahrzeug befinden.

Notwendige PSA bei Rettungsfachpersonal im Verdachtsfall

  • FFP2 oder FFP 3 Maske – auf den dichten Sitz achten! Nur dann kann sie die gesamte Einatemluft filtern!
  • Augenschutz – wichtig hier ist, dass eine normale Brille keinen geeigneter Augenschutz bietet, eine Schutzbrille muss insbesondere geschlossene Seiten haben
  • Einmalhandschuhe und ein flüssigkeitsdichter Einmalkittel.

Im Falle einer Knappheit an FFP-Masken oder Kitteln sollten diese Produkte jedenfalls für Aerosol-generierende Eingriffe (wie Intubation, Beutel-Maske Beatmung oder NIV) aufgespart werden, dort ist die Ansteckungswahrscheinlichkeit am höchsten.

Der Fahrer eines Rettungswagens sollte die Schutzkleidung unbedingt vor dem Betreten des Fahrerraumes ablegen und seine Hände desinfizieren, dies ist wichtig, um die Kontamination nicht zu verschleppen. Es gilt also der Grundsatz, dass der Fahrerraum „sauber“ bleiben sollte, während der Patientenraum bis zur Abschlussdesinfektion als kontaminiert zu betrachten ist.

Das korrekte an- und ausziehen von Schutzkleidung ist nicht ganz einfach, ein gutes Video mit weiteren Erklärungen findet ihr hier.

Bei der Beatmung von Patienten muss beachtet werden, dass Luft aus der Umgebung eingesaugt wird, sofern nicht mit 100% Sauerstoff (FiO2 = 1,0) beatmet wird. Infos zu den spezifischen Hygienemaßnahmen (Filtertausch?) finden sich in den Betriebsanleitungen.

Maßnahmen während des Transportes

Wie bereits mehrfach angesprochen, sollte erstens eine geeignete Klinik als Zielspital ausgewählt werden und zweitens, sollte diese Klinik vorab über die Ankunft eines Verdachtsfalls informiert werden. Bei der Ankunft sollte der Patient bis zu Übergabe so weit wie möglich von anderen Patienten isoliert werden, im Optimalfall erfolgt die Übergabe in einem dezidierten Infektionsbereich.

Begleitpersonen sollten nur mitgenommen werden, wenn dies unbedingt erforderlich ist und keine andere Möglichkeit besteht. Falls diese Personen den Transport begleiten müssen, sollten sie jedenfalls eine Gesichtsmaske tragen.

Im Fahrzeug ist die Trennscheibe zwischen Fahrer- und Patientenraum zu schließen. Außerdem sollte – falls eingebaut – das Abluftsystem aktiviert werden, um die Zahl der Partikel in der Luft maximal zu reduzieren. Dass die Lüftung nicht auf Umluft geschaltet wird, versteht sich von selbst (maximaler Luftaustausch ist das Ziel - also gegebenenfalls die Lüftung voll aufdrehen!).

Reinigung nach dem Transport

Die Desinfektion sollte jedenfalls nach den lokalen Standards erfolgen, am allerwichtigsten ist die Beachtung der Regeln zu Händehygiene. Das regelmäßige waschen und desinfizieren der Hände ist von größter Bedeutung!

Grundsätzlich sind geeignete Desinfektionsmittel zu verwenden, jedenfalls solche, die als „begrenzt viruzid“ zertifiziert sind. Eine Liste aller zertifizierten Mittel findet man hier:

Es ist allerdings davon auszugehen, dass alle derzeit im RD verwendeten Mittel diesen Kriterien genügen, es sind jedenfalls keine besonderen oder unüblichen Desinfektionsmittel zu verwenden oder lange Einwirkzeiten einzuhalten. Die von den Herstellern vorgesehen Werte (in der Regel 30 Sekunden bis wenige Minuten) sind völlig ausreichend.

Im Fahrzeug sollten alle patientennahen Kontaktflächen mit einem Flächendesinfektionsmittel mittels Wischdesinfektion gereinigt werden, gegebenenfalls ist die Desinfektion auf weitere vermutlich kontaminierte Flächen auszuweiten. Eine komplette Desinfektion des gesamten Patientenraumes wird im Regelfall nicht erforderlich sein. Weiters sind alle Medizinprodukte mit direktem Patientenkontakt mit geeigneten Mittel zu desinfizieren. Abfälle müssen nach den üblichen Regeln für kontaminierten medizinischen Müll entsorgt werden, hier sind ebenfalls keine vom Standardprozedere abweichende Maßnahmen zu treffen.

TAKE HOME POINTS

  • Kommunizieren, kommunizieren, kommunizieren! Informationen erfragen und auch weitergeben!
  • Ansteckungsrisiken minimieren! PSA tragen und die Ansteckungsfähigkeit des Patienten durch das Aufsetzen einer (chirurgischen) Maske reduzieren!
  • Den Ansteckungsmechanismus kennen! Chirurgische Masken schützen nur vor größeren Tröpfchen, der Selbstschutz vor Aerosolen und Partikeln kann nur mit FFP-Masken erfolgen!
  • Basishygiene! Regelmäßige Hände waschen und desinfizieren! Nicht an Gesicht und Nase fassen!
  • Auf sich selbst achten! Nach Möglichkeit im Krankheitsfall zuhause bleiben. Falls nicht, zumindest permanent eine Maske tragen um das Risiko für andere zu reduzieren! (There is no emergency during a pandemic!)

 

Wie immer gilt: Der Einzelfall entscheidet. Der Artikel erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Richtigkeit und die genannten Empfehlungen sind ohne Gewähr. Die Verantwortung liegt bei den Behandelnden. Der Text stellt die Position des Autors dar und nicht unbedingt die etablierte Meinung und/oder Meinung von dasFOAM.

 

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2 Kommentare

  1. Hey JOPU, danke für den Artikel und die Übersetzung! Kannst du mir noch mal den Link zum Original-Artikel des CDC schicken? Der funktioniert hier leider nicht… Danke Isa

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