Lehre und Weiterbildung ist ein essentieller Teil unseres klinischen Alltags im dasHospital. Dieses Mal aber ausnahmsweise in der realen Welt am Uniklinikum Jena im Rahmen der Vorlesung Notfallmedizin zu Rhythmusstörungen. Und da die jungen Kollegen ein Skript für die Prüfung brauchen, ich ihnen aber auch den Blick über den Tellerrand ermöglichen will, und noch dazu glaube, dass der eine oder die andere auch sich drüber freut hier also alle Infos.
Grundlage jeder Rhythmusdiagnostik ist ein gutes EKG. Mit den richtigen Ableitungen an der richtigen Stelle geschrieben. Unverwackelt. Und man muss dran denken. Gerade in der mobilen Notfallmedizin essentiell, da es hier noch mal deutlich weniger diagnostische Möglichkeiten gibt. Basis jeder Diagnostik ist der klinische Blick auf den Patienten: Bringt mich das EKG hier weiter oder muss ich meine Differentialdiagnose in eine andere Richtung weiter ausbauen.
Eine Zusammenfassung des Falles aus der Vorlesung und die korrekte Anwendung bzw. Platzierung von Elektroden:
https://dasfoam.org/2017/08/04/brustschmerz-und-komisches-ekg
Das Video mit den verschiedenen Synkopen-Varianten findet ihr hier verlinkt, schön auch das schicke DENGLISCH im Hintergrund. Eine Rhythmusstörung kann eben auch mal ein Krampfanfall sein, ein Sturz, eine Vigilanzminderung oder ein Verwirrtheitszustand. Das macht es ja so kompliziert, Notfallmedizin geht nicht in Schubladen- oder Sektoren-Denken.
In Ergänzung dazu mehrere Videos mit Kreislaufstillständen. Teilweise exzellent ausgebildete Kollegen, die mehrere Minuten brauchen, bis sie erkennen, dass der Patient reanimationspflichtig ist.
Die Lewis-Ableitung ist für mich ein absoluter Game-Changer in meiner täglichen Praxis. Wenn es unklar ist, ob ihr P-Wellen habt, was für ein Rhythmus vorliegt, das bringt noch mal extrem viel Erkenntnisgewinn. Auch in der VT zur Differenzierung (AV-Dissoziation?). https://dasfoam.org/2018/09/07/lewis-ableitung/
Die Leitlinien der ERC und die Algorithmen findet ihr auf deren Homepage, teils als APP, als PDF, jederzeit verfügbar. Wenn ihr euch daran entlang hangelt, kann nicht viel schief gehen. (die prüfungsrelevanten Algorithmen unten im Skript-Teil verlinkt)
https://ercguidelines.elsevierresource.com/
Und die ultimative Zusammenfassung mit einem Kurzalgorithmus von Stefan Pieper:
Tachy- und Brady-Algorhithmen, aber hübsch übersichtlich. pic.twitter.com/yZ7UUtWgfY
— Stefan Pieper (@_pieps) January 7, 2019
Die Therapie und Diagnostik der AVNRT mit Infos und den Tricks findet ihr unter https://dasfoam.org/2018/05/25/tachykardie-zum-xten-neues-zur-avnrt/.
Auf Twitter (dringende Empfehlung) könnt ihr die Entstehung der Vorlesung nachlesen, und vor allem, was die Kollegen euch mitteilen wollten: Was sollt ihr wissen, was müsst ihr wissen und was ist vor allem fürs Leben in der Klinik oder in der Praxis wichtig. Twitter ist ein tolles Tool um am Ball zu bleiben und sich zu vernetzen.
Am Mittwoch halte ich die Vorlesung Rhythmusstörungen, was soll ich eurer Meinung nach nicht weg lassen? Was muss unbedingt mit rein?
Schrift 16 Pt., 10 Bulletpoints pro Slide hätte ich schon mal. Muss ich auf noch mehr achten? #dasfoam #foamed @_dasFOAM
— Felix Lorang DFTT (@GERpocus) January 7, 2019
Hashtag für heute war #dasFOAMuni : https://twitter.com/hashtag/dasFOAMuni
und hier noch einmal das gesamte Skript - und damit der Prüfungsinhalt:
Einfache EKG-Befundung in 5-Schritten (Grebenstein-Methode)
- Ventrikuläre Frequenz:
- Bradykardie: HF < 60/Min
- Tachykardie: HF > 100/min
- Dazwischen: Normofrequenz
- QRS-Breite:
- QRS-Dauer bis 0,1s = normal
- QRS-Dauer von 0,1 bis 0,12s = Inkomplettes Blockbild
- QRS-Dauer ab 0,12s = Blockbild (Links-/Rechtsschenkelblock)
- Rhythmus:
- Regelmäßig
- Unregelmäßig
- Vorhofaktivität erkennbar, P-Wellen? (V1, II, III im klassischen EKG, alternativ Lewis-Ableitung)
- Vorhofaktivität in Zusammenhang mit Ventrikulärer Aktivität?
- PQ-Dauer
- Blockierung
- Überleitungsverhältnis
Tachykardien:
Primär Kardial: Koronare Herzerkrankung (häufigste Ursache für gefährliche Tachykardien), ischämische, virale, dilatative oder andere Kardiomyopathien, Trauma, valvuläre Ursache
Sekundär: Exsikkose/Hypovolämie, Elektrolytstörungen, Hypoxie, endokrinologische oder metabolische Grunderkrankungen, Medikamente/Drogen, Bedarf
Behandlung strikt nach Algorithmus ERC–Tachykardie:
Klicke, um auf Poster_Tachykardie_2015_v3_DE_.pdf zuzugreifen
Therapie:
- Behandlung unklare Breitkomplextachykardie: Im Zweifelsfall wie Ventrikuläre Tachykardie
- Bei regelmäßiger Schmalkomplextachykardie: Vagusmanöver (REVERT) immer vor Adenosin/Verapamil
- Medikamentös:
- Adenosin: transiente AV-Blockierung für wenige Sekunden - bei stabiler, regelmäßiger Tachykardie
- Amiodaron: Breitkomplextachykardie, bei Vorhofflimmern möglich
- Betablocker: besonders bei Vorhofflimmern, aber auch bei regelmäßiger Schmalkomplextachykardie nach Adenosin möglich, keine Kombination mit Verapamil
- Calciumkanalblocker (z.B. Verapamil): Alternative zu Adenosin bei der regelmäßigen Schmalkomplextachykardie, zum Betablocker beim Vorhofflimmern
- Magnesium: bei Torsades des pointes
- Digoxin: in Ergänzung zu Betablocker beim Vorhofflimmern
- Elektrisch: Kardioversion 120-150 J bis zu 3mal
Bradykardien:
AV-Block I°: Überleitungsverzögerung über 200ms, alle Vorhofaktionen werden übergeleitet
AV-Block II° - Mobitz I (engl.) = Wenkebach (deutsch): Überleitungsverlängerung bis zum Ausfall einer Überleitung, periodische Wiederholung, keine relevante akutmedizinische Gefährdung
AV-Block II° - Mobitz II (engl.) = Mobitz (deutsch): konstante Überleitungsgeschwindigkeit mit rezidivierendem Ausfall der Überleitung (meist nach 3-4 Schlägen), gefährlich, Schrittmacherindikation im Verlauf
AV-Block III° - unabhängige Vorhof- und Kammeraktion, drohende Asystolie bei Sistieren des Ersatzrhythmus
Behandlung strikt nach Algorithmus ERC–Bradykardie:
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