Monat: Januar 2017

IntensivmedizinKlinikPrähospital

EKG-Ecke „Epi-EKG“ Auflösung

Zur Erinnerung kürzlich haben wir den Fall „Epi-EKG“ diskutiert.

Ihre Schwestern bringen Ihnen ein EKG zum Befunden, das bei einem Zugang, der als „V.a. Krampfanfall“ in der ZNA zugegangen ist, geschrieben wurde. Es handelt sich wohl um einen Patienten mit bekannter Epilepsie. Warum stocken Sie?

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Auflösung

Das EKG zeigt einen ventrikulären Trigeminus mit R auf T- Phänomen bei verlängerter QT-Zeit (QTc nach Bazett 520ms).

Trotz bekannter Epilepsie sind Sie beunruhigt und beschließen den Ausflug zum Kaffeeautomaten zu verschieben und sich den Patienten sofort anzuschauen. Auf dem Weg zu dem kleinen Untersuchungsraum hören Sie: „Jetzt krampft er wieder!“

Bei ihrem Eintreffen finden Sie einen krampfenden Patienten vor, die Atmung ist unregelmäßig, der Carotispuls lässt sich nicht tasten. Die zuständige Schwester fragt, ob Sie Rivotril oder Tavor geben wollen. Sie rufen

Reanimation!!

und beginnen mit der Herzdruckmassage. Bei Eintreffen des Defis bzw. beim sofortigen Schock zeigt sich:

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Das EKG zeigt: Eine Torsades des pointes Tachykardie mit Degeneration in Kammerflimmern, erfolgreicher Schock, danach Sinusrhythmus.

Was war passiert?

 

Die ganze Geschichte: Der 46-jährige Patient war nach rezidivierenden Konvulsionen mit Bewusstseinsverlust vom Rettungsdienst ohne Monitoring aus dem Pflegeheim in die Notaufnahme gebracht. Bekannt ist eine Epilepsie bei frühkindlichem Hirnschaden, bei einem der „Anfälle“ habe er keinen Puls gehabt und es war daher eine kurze Herzdruckmassage erfolgt. Bei Aufnahme ist der Patient wach ohne Fokalneurologie, es handelt sich um rezidivierende konvulsive Synkopen bei QT-Verlängerung unter Therapie mit Risperidon, begünstigend besteht eine leichte Hypokaliämie (Kalium 3,3 mmol/l). Nach kurzem Intensivaufenthalt kann der Patient mit normaler QT-Zeit nach Absetzen des Risperidon entlassen werden.

Der Fall zeigt, wie wichtig es ist, auch bei bekannter Epilepsie differentialdiagnostisch an die Möglichkeit einer konvulsiven Synkope bei Rhythmusstörungen zu denken.

Zur Information: Hier einige weitere Informationen zur Torsades des pointes Tachykardie in der „LoL“ Serie.

 

#FOAM deutsch#FOAM internationalNotaufnahme

Sexueller Missbrauch in der Notaufnahme: David Newman

 

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Ein Skandal erschüttert die internationale Welt der Notfallmedizin.

Dr. David Newman, ein ehemals sehr respektiertes Mitglied der FOAM- community hat im Januar letzten Jahres in seiner Notaufnahme in New York eine junge Patientin zur Schulterreposition mit Propofol betäubt, sie sexuell missbraucht und ihr ins Gesicht ejakuliert. Dafür wurde er im Dezember 2016 von einem Gericht zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, weil er diesen Fall und noch drei weitere Fälle unter der erdrückenden Last der Beweise zugab und durch einen Deal einer 8-jährigen Gefängnisstrafe entging.

Newman war international in notfallmedizinischen Kreisen bekannt, unter anderem für seine Blogposts, seinen Podcast, sein Buch und seine Vorträge für SMACC. Seine Ideen zur Notfallmedizin waren inspirierend und haben auch mich in meinem Denken und Handeln beeinflusst. Dieser sexuelle Missbrauch ändert alles. Die Tat hinterlässt nur ein Gefühl von Abscheu. Ich möchte mir nicht vorstellen, was seine Opfer gefühlt haben mögen. Zu deren persönlichen Betroffenheit kommt dazu eine Erschütterung in das Vertrauen in Notfall- Ärzte. Und es ist eine kontroverse Diskussion im Gange, wie die FOAM- community damit umgehen sollte. Newman’s eigene Internet- Auftritte sind offline. Die Podcasts auf SMACC wurden alle gelöscht. In der FOAM- community wurde und wird um die richtige Abgrenzung zu Newman gerungen und den Konsequenzen aus den Taten, die die Unsicherheit von Frauen in jeder Situation exemplarisch darstellte. Dies hat einen bislang unvergleichlichen Shitstorm hervorgerufen, in dessen Anschluß geklärt war, daß SMACC sich unmissverständlich vom Newman distanziert (hat). Die Diskussion um Sicherheit von Patientinnen in Notaufnahmen, aber auch von weiblichen Teilnehmerinnen auf medizinischen Konferenzen geht weiter…

Die Taten von D. Newman müssen eindeutig verdammt werden. Was ich hiermit tue. Es darf keinen Platz geben für sexuellen Missbrauch in Notaufnahmen oder sonst wo in der Welt. Um Sicherheit in der Notaufnahme zu schaffen, sollte jeder an eigenen Prinzipien festhalten und selbst Missverständnisse vermeiden.

Ich persönlich verfolge schon immer die Maxime, keine Frau zu untersuchen, ohne eine Schwester im Raum zu haben. Damit versuche ich Vertrauen und Klarheit zu schaffen. Darauf sollte man in jedem Fall auch bei Einsatz von Narkosemitteln achten. Ein Problem ist aber auch die Schwierigkeit für Opfern, sich Gehör zu verschaffen. Sexueller Missbrauch ist häufiger, als man denkt. Ich wurde einmal Zeuge von Untersuchen zu sexuellem Missbrauch bei Prämedikationen und der Umgang mit diesen polizeilichen Investigationen ist für alle Beteiligten hochgradig nervenaufreibend. In jedem Fall sollte jedem Verdacht und jeder Anzeige explizit nachgegangen werden. Das sind wir den Patientinnen schuldig. Wer im Vertrauen auf eine ärztliche Untersuchung sich in die Hände von Notfallmedizinern begibt, darf keinen Zweifel daran haben, respektvoll behandelt zu werden. Aus diesem Grunde distanzieren ich mich hiermit noch einmal eindeutig und klar von David Newman und seinen Untaten. Ich hoffe diese Diskussion schärft auch bei uns in Deutschland die Sinne, daß sexueller Missbrauch eine Straftat ist, die auch in Notaufnahmen vorkommen kann. Dem müssen wir alle geschlossen entgegentreten.

Joachim Unger

http://www.kevinmd.com/blog/2016/12/david-newman-betrayed-patients-emergency-medicine.html

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Video-Link: https://prehospitalmed.com/2017/01/07/pharm-podcast-158-my-divorce-from-smacc/

http://www.smacc.net.au/2015/11/dogmalysis-and-pseudoaxioms-by-david-newman/

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IntensivmedizinKlinikPrähospital

EKG-Ecke: „Epi-EKG“

In unserer neuen Reihe EKG-Ecke möchten wir praxisnah einige Fallbeispiele diskutieren. Danke an Dr. Klaus Fessele (OA Notaufnahme Klinikum Nürnberg Süd) für die tollen EKGs und Fälle!

Wir beginnen mit dem „EPI-EKG“:

Ihre Schwestern bringen Ihnen ein EKG zum Befunden, das bei einem Zugang, der als „V.a. Krampfanfall“ in der ZNA zugegangen ist, geschrieben wurde. Es handelt sich wohl um einen Patienten mit bekannter Epilepsie. Warum stocken Sie?

EKGcase1_pic1.png

 

Die Auflösung des Falles posten wir dann in einer Woche - frohes Mitdiskutieren!

#FOAM deutsch

Kalziumkanalblocker Intoxikation

Die Kollegen von FOAMina aus Österreich haben zwei tolle Artikel erstellt. Sie beschäftigen sich mit der Behandlung der Kalziumkanalblocker-Intoxikation.

Kurz zusammengefasst:

Bei symptomatischen Patienten:

  • Kohlegabe
  • Calciumgabe
    • Calciumchlorid 10%: 10–20ml (1–2g) alle 10–20 Minuten oder 0.2–0.4ml/kg/h (0.02–0.04 g/kg/h) oder
    • Calciumgluconat 10%: 30–60 ml (3–6 g) alle 10–20 Minuten oder 0.6–1.2 ml/kg/h (0.06–0.12 g/kg/h)

Bei zusätzlicher myokardialer Dysfunktion / Schock zusätzlich:

  • Hochdosiertes Insulin (1U/kg Bolus, dann 1U/kg/h bis zu 10U/kg/h)
    • dazu Kaliumspiegel kontrollieren / korrigieren; Glukosegabe
  • Noradrenalin nach Bedarf bei Schock
    • Eskalation ggf. mit Adrenalin oder Dobutamin
  • Schrittmachertherapie
  • Lipid-Rescue (Intralipid-Therapie mit 1,5ml/kg Bolus von 20% Lipidemulsion)

Bei Periarrest zusätzlich:

  • VA-ECMO in Betrach ziehen

 

Bei Kreislaufstillstand gilt: ACLS Maßnahme, dazu Calciumgabe, Lipidgabe, ggf. VA-ECMO wenn verfügbar.

Alle Details und Literaturquellen gibts‘ im Artikel auf FOAMina, zusätzlich gibt’s noch einen spannenden Artikel zu den pathophysiologischen Hintergründen der Hochdosis-Insulin-Therapie.

 

#FOAM internationalKlinikSono

Die One Minute Ultrasound - Reihe

Die wichtigsten Aspekte verschiedener Point Of Care Ultraschall-Anwendungen, jeweils kondensiert in einer Minute Videomaterial

einschließlich Patientenlagerung und Schallkopfführung, physiologischer und pathologischer Sono-Befunde, findet ihr in der One Minute Ultrasound-Reihe in der englischen Originalfassung hier, verfügbar als App für iOS und Android. Dahinter stehen Matt Dawson und Mike Mallin. Zusammen mit Jacob Avila von 5MinSono sind die beiden Notfallmediziner Autoren des ultrasoundpodcast. Alle drei sind Leiter von Notfallultraschall-Programmen der Universitäten von Kentucky, Utah und Chattanooga/ Tennessee.

Den unverwechselbaren Stil der drei, den für nicht-Natives schwer verständlichen, nuscheligen Kentucky-Akzent von Matt, den Wortwitz und die dortigen Kontexte werden wir kaum adäquat wiedergeben können, weder in den Minuten-Videos noch in ausgewählten Podcast-Episoden. Und dann auch noch diese saloppe Art, ungewohnt. Kann man das ernst nehmen? Ja! Die Inhalte der casts sind gut recherchiert, die Evidenz wird mit angegeben und diskutiert, Basis ist die tägliche bettseitige klinische Erfahrung nicht nur der drei Gastgeber, sondern auch der Gastautoren - illustre, führende Persönlichkeiten der internationalen Notfall- und Intensivmedizin. Wir finden das Material so hilfreich, dass es einen Übersetzungsversuch wert ist, für eine bessere Verfügbarkeit in unseren Breiten, zumal unser German a lot better ist than ihres. Hier werdet ihr also möglicherweise nach und nach Videos der One Minute-Reihe in deutscher Synchronfassung und den einen oder anderen Podcast aus 5MinSono oder ultrasoundpodcast finden - so wie es unsere Zeit und das Engagement der Einzelnen erlauben. Die Idee für die Übersetzungen kommt von Sono4Students Freiburg, die uns - selbst noch am Formieren - zum Warmwerden das eFAST-Video zur Verfügung stellen.